Aufbruch in die Moderne

Jean Beck, der große Designer war fast vergessen

Mettlach. Aufbruch in die Moderne so heißt eine Ausstellung, die kürzlich bei Villeroy & Boch eröffnet wurde. Sie zeigt Werke des Glas- und Keramikdesigners des aus Mettlach stammenden Prof. Jean Beck. Otto-F-Götz1003
Eröffnet wurde die Ausstellung von Luitwin Gisbert von Boch, der in seinem Grußwort darauf hinwies, dass Villeroy & Boch seit jeher darauf bedacht war, außergewöhnliche Designs zu schaffen. Seit langer Zeit ist es im Unternehmen üblich, dass Mitarbeiter aus- und weitergebildet werden. Luitwin Gisbert von Boch betonte, dass bereits sein Ur-Urgroßvater Eugen von Boch in der Mitte des 19. Jahrhunderts eine Zeichenschule gegründet habe, in der Maler und Modelleure unterrichtet wurden. Besonders talentierte Mitarbeiter wurden gefördert, indem man ihnen Studiengänge an den Kunstgewerbeschulen von Berlin, Düsseldorf oder München ermöglichte.
Jean Beck sei eines dieser besonderen Talente gewesen. Durch seinen Vater, der Mitarbeiter des Unternehmens gewesen sei, habe bereits in frühester Jugend Verbindung zu V1011 & B bestanden. Der junge Johann Ludwig Beck – so sein eigentlicher Name – habe bereits mit 12 Jahren am firmeneigenen Zeichenunterricht teilgenommen. Mit 14 Jahren, im Jahr 1876 begann seine Ausbildung und künstlerische Tätigkeit bei der Mettlacher Fayencerie. Bereits 1883 übernahm er als 21jähriger die Leitung des Malerateliers. Seine damaligen Entwürfe waren zwar dem Zeitgeist entsprechend im Stil des Historismus geprägt, aber sein Streben nach Neuem in Richtung Jugendstil und Art Deco war bereits klar erkennbar. Ende des 19. Jahrhunderts siedelte er nach München über, wo er 1898 ein „Kunstgewerbliches Atelier“ gründete. Hier – von den Zwängen der Industrie befreit – entwickelte sich Beck zu einem wichtigen Vorreiter der Modernen. Auch als freischaffender Designer blieb er Villeroy & Boch bis Ende der 1920 Jahre verbunden. Seine Entwürfe entstanden nicht nach „l’art pour l’art“ Prinzip. Vielmehr wollte er durch günstige Produktion neuund Vermarktung eine große Verbreitung erreichen. Luitwin Gisbert von Boch erklärte, dass Beck habe vielleicht deshalb nie den Bekanntheitsgrad anderer Künstler erreicht. Die jetzt beginnende Retroperspektive – so hofft man bei V & B – könne dazu beitragen, dass sein Können und seine Kreativität in einem neuen Licht betrachtet werden. Der Vorsitzende des Keramikmuseums dankte Otto F. Götz für seine umfangreiche Beckforschung und für die Leihgaben, die die Ausstellung erst ermöglicht haben.
Otto Götz, der nicht nur zahlreiche Objekte seiner Sammlung zur Verfügung stellte und das Wissen seiner langwierigen Beck-Forschungen mit einbrachte und zusammen mit Museumsleiterin Ester Schneider den Katalog zur Ausstellung erarbeitete, schilderte in seinem Grußwort das Leben Becks, der 1862 in Mettlach geboren ist. Er betonte in seiner Rede, dass aus dem Leben Becks nur IMG_1010weniges bekannt ist. Kunsthistorisch gesichert sei, dass Jean Beck einer der bedeutendsten Designer der deutschen Moderne sei. Dies sei an zahlreichen Objekten erkennbar, die in der Ausstellung zu sehen seien. Von dem Weg zu diesen Objekten sei wenig bekannt. Es gebe kaum Entwürfe, kaum formulierte Gedanken und kaum künstlerische Auseinandersetzung mit anderen, wohl aber deutlich wahrnehmbaren Neid auf ihn.
Für Beck zählte stets das Ende der Entwicklung, das Produkt. Und dieses Produkt sollte verkaufbar sein. Was Beck brauchte war Geld und ein Atelier zum arbeiten. In Gegensatz zu anderen Designern, die feste Auftraggeber hatten und sich ausschließlich als Künstler sahen, musste Beck das unternehmerische Risiko selbst tragen und sich zusätzlich vermarkten – manche Künstler jener Zeit rümpften die Nase darüber.
IMG_1014Die Grundlage von Becks Arbeiten war eine fachlich solide Ausbildung, die er bei V & B erworben hatte und ein rastloser Geist. In München hatte er nach seinem Abschied von V & B zunächst die „Königliche Kunstgewerbeschule“ besucht, später weitere fünf Semester studiert – in dieser Zeit wurde aus Johann Jean. Er studierte weiterhin in Paris, zog durch England, und andere europäische Länder um sein Wissen zu erweitern.
Götz berichtete, dass man vor 20 Jahren bei V & B keine Ahnung von Beck gehabt habe. EVAse_Steinzeugrst ein Glücksfall änderte diesen Zustand: die Großnichte des Designers, Frau Amelunxen traf mit dem Sammler Otto Götz zusammen. Man tauschte sich aus, hinzu kam mit Ester Schneider eine engagierte Museumsleiterin – „Mettlach lernt seinen großen Sohn kennen“, so Otto F Götz, der daraus zwei Frage ableitete. 1. was macht das politische Mettlach, um Beck die Ehre zu erweisen, die er verdient und 2. wie geht V & B mit dem Erbe seines einstigen Lehrlings um?
Zum zweiten Teil der Frage erklärt Ester Schneider, dass sich bei den „kreativen Köpfen“ des Unternehmens Gedanken darüber rührten.
Beim Rundgang durch die Ausstellung zeigte sich die Vielfalt der Beck’schen Kreativität. Deutlich wurde, dass Beck nicht nur Keramikdesigner war, sondern auch vielfältige Produkte in Glas geschaffen hat, oft sogar das gleiche Motiv in beiden Werkstoffen. Viele der Objekte sind in faszinierend klaren Linien entstanden, Farbigkeit spielt oft eine dominierende Rolle.
Die Ausstellung ist bis zum 25. September geöffnet und kann zu den üblichen Öffnungszeiten besucht werden.

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