Die Blechtrommel wurde in der Dillinger Stadthalle aufgeführt
Dillingen. Die Verantwortlichen im Dillinger Kulturamt haben Mut bewiesen als sie die Bühnenversion von Grass‘ Blechtrommel auf den Spielplan setzten. Schließlich ist das umfangreiche Werk des Literaturnobelpreisträgers ein Stück Weltliteratur, das sich mit dem schwierigen Kapitel der deutschen Geschichte befasst, mit dem Nationalsozialimus. Sicher steckt sehr viel Autobiographisches in dem dem Roman. Regisseur Volkmar Kamm hält sich sehr eng an das Werk, komprimiert natürlich manches und lässt in rasanter Folge die zahlreichen unterschiedlichen Blickpunkte in das Geschehen einfließen.
Spannend gefasste Dialoge und ein äußerst interessanter Bühnenaufbau, der mit dem Hilfsmittel einer um 360 Grad drehbaren Minibühne auf der Bühne, einen rasanten Szenenwechsel zuließ, sorgte dafür, dass Sprache und Bilder des Romans nichts an Lebendigkeit verloren.
Dazu kam eine blendend eingestellte Darstellercrew mit Raphael Grosch, dem Darsteller des Oskar Matzerath an der Spitze. Als Darstellungsmittel verwendete man den Rückblich des 30 jährigen Oskar auf seine Kindheits- und Jugenderlebnisse. Bereits seine Zeugung lässt Fragen offen, es bleibt unklar, wer sein wirklicher Vater ist. Später als er sich in Maria verliebt und mit ihr erst amouröse Erlebnisse hat – berühmt die Brausepulverszene – wiederholt sich diese Entwicklung, als sein Vater Maria heiratet und die Geliebte zugleich seine Stiefmutter wird. So ist dann das Kind, das aus dieser Beziehung entsteht sein Stiefbruder, vielleicht aber auch sein Sohn.
Die Blechtrommel – ein Mittel für den Protest
Da Oskar bereits bei seiner Geburt die menschliche Natur durchschaut, beschließt er bekanntlich an deinem dritten Geburtstag nicht weiter zu wachsen – Raphael Grosch stellte dies auf den Knien wandelnd dar. An seinem dritten Geburtstag erhält er die Blechtrommel als Geschenk, das Instrument mit dem er zukünftig oder doch lange Zeit seinen Protest in die Welt hinausträgt, subtil mit wildem Trommeln oder gezielt, indem er die nationalsozialistische Marschmusik aus dem Takt bringt. Vieles sieht der Gnom aus dem Blickwinkel des Kindes, teilweise bösartig, teilweise die Dinge durchschauend. Der erste Akt befasst sich mit der Zeit bis zum zweiten Weltkrieg, den Oskar am Fronttheater erlebt, als Trommler.
Im zweiten Teil kommt er in eine Nervenheilanstalt, er trägt dazu bei, weil er sich in Mordverdacht bringt. Als sich seine Unschuld erweist, kommt er wieder frei, gegen seinen Willen und beschließt zu wachsen. In die pralle Geschichte eingewoben sind unglaublich viele Themen, die man auch als Protest gegen diese dunkle Phase deutscher Vergangenheit werten kann, eigentlich werten muss. Die zahlreichen Aspekte die zu diesem Roman gehören, sind in vielen Punkten in erstaunlicher Dicht in das Bühnenstück eingearbeitet. Die Darstellung ist so voll mit prallem Leben, selbst die absurden Szenen werden ebenso wie die erotischen Szenen so originalgetreu dargestellt, dass bei manchem Besucher der Wunsch nach einer erneuten oder auch nach einer ersten Lektüre des Romans geweckt wurde. Seinen Niederschlag fand dies in langanhaltendem, heftigem Applaus mit dem die Akteure nach gut zwei Stunden verabschiedet wurden.