Meinung: Koko-Lores gehört in den Karneval, nicht in die Politik

Auch wenn es viele SPD’ler nicht wahr haben wollen: es gibt keine Alternative zur Großen Koalition, die mit knapp über 50 % ja gar nicht mehr so „groß“ ist, wenn man so etwas wie Verantwortungsgefühl für dieses Land hat. Alle anderen Alternativen sind gescheitert, mussten im Prinzip auch scheitern, weil einer der Partner um jeden Preis regieren wollte, selbst um den Preis der Selbstverleugnung, und der andere seine neoliberalen Ziele nicht verwirklichen konnte. Eine Minderheitsregierung ist in Deutschland zum Scheitern verurteilt, auch da mag man sich an Weimar erinnern. Bei einer Minderheitsregierung könnte es nicht ausbleiben, dass Entscheidungen gemeinsam mit der AfD getroffen werden, denn man könnte diese nicht daran hindern, einem Gesetz zuzustimmen. Die Werbebotschaft, die die Ultrarechten daraus zögen ist doch klar: ohne uns geht es nicht. Und „wir haben bewiesen, dass wir eine vernünftige Politik machen können“. Völlig klar, dass Gauland und Co. auf solche Chancen spekulieren und sie auch nutzen werden. Auch die Reaktion bei einem Teil der Bevölkerung ist zu erwarten „ so schlimm sind die ja gar nicht, die kann man ja doch wählen…“ Und wohin eine solche Denkweise führt, haben unsere Altvorderen ja 1933 gesehen.
Eine solche Entwicklung darf niemals, niemals eintreten, schon deshalb muss auch eine Minderheitsregierung vermieden werden, um jeden, aber auch wirklich jeden Preis. Wer aus parteitaktischen Gründen anders denkt, trägt auch Mitverantwortung, wenn Deutschland eines Tages wieder ultrarechts regiert wird und man dann Juden durch Ausländer ersetzt.
Wer heute meint, die SPD muss sich verweigern, damit sie stärker wird, liegt nach meiner Auffassung völlig daneben.
Auch auf das Pferd Neuwahlen zu setzen unter dem Motto „Bürger, Du hast nicht gemacht, was die Politik will, deshalb musst Du jetzt so oft zur Wahl gehen bis uns das Ergebnis passt“ macht keinen Sinn. Die Prognosen, und die sind heute ja ziemlich zuverlässig, sagen, dass sich die Ergebnisse nur marginal verändern werden. Das bedeutet, dass nach einer Neuwahl andere Konstellationen kaum denkbar sind. Ob nun die CDU 33 und die SPD 21 % hat oder die CDU 31 und die SPD 22 % hat, was soll das ändern? Die Prognosen sagen weiterhin, dass die Grünen bei 11 % bleiben, das die FDP auf 8 % sinkt. Vielleicht käme auch der neue Petry-Flügel in den Bundestag und wenn es nur über Direktmandate wäre. Das könnte den bürgerlichen Flügel noch mehr Stimmen kosten und die Rechten weiter stärken. Wie auch immer, die Zielsetzungen der Parteien werden sich nicht ändern, damit würde es letztendlich wieder auf eine Groko zulaufen, vielleicht ohne vollmundig am Wahlabend zu verkünden „Mit uns nicht“.
Klar, dass man vor Beginn der Sondierungen mit dem Säbel rasselt, aber im Hinterstübchen muss das Ziel sein, eine stabile Mehrheit zu schaffen. Koalitionen bedeuten Kompromisse. Wer politisch aktiv sein will und Dinge umsetzen möchte, muss kompromissbereit sein und verantwortungsbewusst. Wobei die Verantwortung zuallererst dem Staat gelten muss und nicht der eigenen Partei. Im kommunalen Bereich wird es der „großen“ Politik oft vorexerziert wie man Dinge oftmals sogar einstimmig realisieren kann, weil man eben kompromissbereit ist.
Die SPD wird sich fragen lassen müssen, warum der Wähler, die Dinge, die sie in der letzte KroKo durchgesetzt hat – durch Kompromissbereitschaft der anderen in diesem Fall – nicht ihr mit Stimmen zugeordnet hat. Und sie muss sich auch sagen lassen, wenn sie in die Opposition geht, wird sie keine Chance haben, sozialdemokratische Politik durchzusetzen. Sie sollte sich vielleicht an das Wort ihres früheren Vordenkers Müntefering erinnern „Opposition ist Sch…“. Was allerdings nicht heißen soll, dass sie unnötig ist, aber doch darauf aufmerksam macht, dass die Entscheidungen letztendlich nicht von der Opposition getroffen werden, sondern von den Regierungsmehrheiten.
Überlegungen wie KoKo sollte man dort lassen, wo Koko-Lores hingehört: im Karneval, denn man kann nicht gleichzeitig Regierung und Opposition sein und dann möglicherweise akzeptieren müssen, dass der Gelegenheitspartner sich im Bedarfsfall auch andere Partner sucht und diese dann in dem einen oder anderen Fall auch bei den Ultrarechten findet. Und mit denen säße man dann quasi gemeinsam auf der Regierungsbank, Igittigitt! In einem Redaktionsgepräch sagte kürzlich ein prominenter Politiker „Manche der Politiker, die glauben, dass sie unglaublich wichtig sind, sollten ihr Gehirn einschalten bevor sie ihren Mund aufmachen und das gilt für alle Seiten“. Viele SPD’ler, die heute ihre Partei partout in die Opposition hieven möchten, vergessen, dass manche sozialen Errungenschaften nur deshalb möglich waren, weil die SPD Regierungsverantwortung trug und dadurch manches durchsetzen konnte, was eine Oppositionspartei niemals hätte bewerkstelligen können. Nicht die Arbeit der SPD in der Regierungsverantwortung war falsch, sondern der Wahlkampf und auch die Zeit davor, in der man dem Wähler nicht vermitteln konnte, wer beispielsweise den Mindestlohn durchgesetzt hat.                                                                             Saarinfos  

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