Wo man gern noch Huhn wäre

Schwalbach-Griesborn. „Ich wär so gern ein Huhn“ sangen die Comedian Harmonists vor vielen Jahrzehnten. Doch in Zeiten der Massentierhaltung und giftverseuchten Eiern hat wohl niemand mehr eine solche Intension, außer vielleicht im „Bohrland“. Das „Bohrland“ sind knapp 2000 Quadratmeter in Schwalbach-Griesborn. Es ist das Reich von Jan und Lisa Bohr und ihrer dreijährigen Tochter Amelie. Das junge Paar lebte vor wenigen Jahren noch in Saarlouis, mitten in der Fußgängerzone Französische Straße. „Das war toll“, sagten beide übereinstimmend. Der Trubel, gerade im Sommer, die vielen Feste und die Menschen in den Straßencafés hat sie nie gestört. Aber manchmal, wenn sie auf ihrem kleinen Balkon saßen, dachten sie an die Gärten der Eltern und Großeltern, in denen sie als Kinder auf Entdeckungsreise gingen. “Ich erinnere mich an Erbsen und Möhren, Johannisbeeren und Himbeeren, die man selbst ernten und direkt essen konnte“, sagte Jan Bohr. „Die Himbeeren haben wir uns immer auf die Fingerkuppen gestülpt“, ergänzte Lisa schmunzelnd.

Ein Traum wird wahr
Der Traum vom Haus mit Garten wurde schnell wahr, als sie von einem Objekt erfuhren, dassBohrland1 bFoto Sabine Schmitt niemand wollte, weil der Garten so riesig sei und zudem Hanglage habe. „Wir haben es gesehen und sofort zugesagt“, erklärte Lisa Bohr. Hier konnten beide ihren Traum vom eigenen Garten in die Tat umsetzen. Im Garten standen bereits ältere Laub- und Nadelbäume sowie ein Birnenbaum, ein Apfelbaum und ein Haselnussstrauch. Die Früchte wurden schon im ersten Jahr zu Kompott, Kuchen und leckerer Konfitüre verarbeitet, die Nüsse im Backofen geröstet, um sie länger haltbar zu machen. Jan kelterte einen Teil der Äpfel zu leckerem Cider. Die Ausbeute betrug im ersten Jahr mehr als 30 Flaschen. Der Groß- und Außenhandelskaufmann hat noch eine weitere Ausbildung zum Mediengestalter. So entwarf er selbst die Etiketten für die Weinflaschen. Dazu pflanzten die fleißigen Hobbygärtner noch weitere Obstbäume und Sträucher. Darunter Mirabellen und Kirschen, Himbeeren, Johannisbeeren und Erdbeeren. Auch ein paar Hühner sollten irgendwann mal dazu. So begann Jan mit dem Bau eines Hühnerstalls mit Sitzstangen, Nistplätzen und einem Freigehege. Die Anleitungen holte er sich aus Büchern und Foren im Internet. Kurz darauf erkrankte ein Verwandter und musste seine kleine Hühnerfarm aufgeben. So kam die Familie schneller als gedacht zu einer 13-köpfigen Hühnerschar. Zwei weitere Hühner und Manfred, der Hahn kamen im Frühjahr dieses Jahres hinzu. Das Ergebnis seines engagierten Einsatzes zeigte sich dieser Tage. Insgesamt vier Küken schlüpften aus den Eiern. Die Henne umsorgt ihren Nachwuchs mit großer Aufmerksamkeit. Das ist besonders aufregend für die dreijährige Amelie, die ihrem Vater gern bei der Arbeit im Garten hilft. In der Hühnerfamilie leben unterschiedliche Rassen und Größen, entsprechend verschieden sind auch die Eier. Grüne, weiße, braune und schokobraune Eier in allen Größen finden Jan und Amelie fast täglich im Stall. „Junge Hühner legen deutlich kleinere Eier und wenn es dem Federvieh zu warm ist, legt es gar kein Ei“, erklärte Jan Bohr. Hinsichtlich Geschmack und Bohrland3 b Foto Sabine SchmittQualität von Eiern spielt auch die Fütterung eine Rolle. Im „Bohrland“ picken die Hühner ein hochwertiges Futter, das Jan im Fachhandel bezieht. Dazu gibt’s Haferflocken, Gemüse, Salat und eingeweichtes Brot. „Die ursprüngliche Idee bestand darin, dass wir unser eigenes Obst und Gemüse anbauen, ein paar Hühner halten und auf diese Weise die Natur mehr wertschätzen“, sagte Lisa Bohr. Doch mittlerweile geben die Bohrs ihr Wissen auch weiter. Sie bieten kindgerechte Führungen durch den Garten für Projektgruppen aus Kindergärten und Schulen an. Das „Bohrland“ entwickelt sich stets weiter. Für die nahe Zukunft sind ein Hochbeet mit Gemüse, Bohnenstangen und ein Biotop mit Fröschen und Molchen geplant. Besuchen kann man das „Bohrland“ im Internet unter www.instagram.com/bohrland oder auch in der Realität, nach vorheriger Terminabsprache per Email unter kontakt@bohrland.com. Text und Fotos: Sabine Schmitt

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