Liebeswahn und andere Psychosen

Rehlingen-Siersburg/Oberesch. Eine Sexsüchtige, eine Stalkerin, ein Zwangsneurotiker und ein Soziophober standen im Mittelpunkt des diesjährigen Theaterspiels der Theaterfreunde Oberesch mit dem treffenden Titel: Liebeswahn und andere Psychosen. Was sich hier sehr dramatisch anhört, entwickelte sich auf der Bühne zu einer wahrhaft irrwitzigen Darbietung. Die rein aus Laiendarstellern bestehende Theatergruppe bestach erneut durch selbstbewusstes Auftreten, perfektes Timing, ausgefallene Kostüme und ein erstklassiges Bühnenbild. Es gab vier Aufführungen im 140 Plätze zählenden Dorfgemeinschaftshaus in Oberesch, die schon kurz nach Beginn des Kartenvorverkaufs restlos ausverkauft waren. Auf der kleinen Bühne kann es auch mal eng werden, was neben der Liebe zum Detail letztendlich auch den besonderen Charme der Aufführungen ausmacht. Albert Wender, Thorsten Leser, Michael Engel, Tanja Winter, Marlene Lauer, Melanie Engel und Jenny Lauer (von links) Foto: Sabine Schmitt
Diesmal ging es um eine Irrenanstalt, in der Agnes Adolon (Melanie Engel), die Tochter einer reichen Hoteldynastie, ihre Sexsucht behandeln lässt. Geheim, versteht sich. Doch dann kündigt ihre Mutter Celile (Marlene Lauer), die das reiche Töchterlein in einer Wellness-Villa vermutet, einen Spontanbesuch an. Kurzerhand macht Agnes die Insassen der Anstalt zu Hausangestellten. Diese sollen nun wie „normale“ Menschen wirken. Als wäre das nicht schon genug Chaos, taucht schließlich noch eine Vertreterin für Haushaltsartikel (Julia Ehm-Kornab) auf, die man versehentlich umbringt. So zumindest der Anschein. Und dann kommt noch der Angebetete (Thorsten Leser im lila Anzug!) der Stalkerin (Jenny Lauer), der sich für eine Zeitungsreportage seiner Angebeteten stellen will. Der Leiter der Klinik (Albert Kerber) und der Ergotherapeut (Michael Heckel) sind mit der Situation deutlich überfordert, sehr zur Freude der Zuschauer, die das wahnwitzige Verwechslungsspiel mit Freude genießen.
Jedes Jahr gelingt es den Theaterfreunden Oberesch aufs Neue, mit zielsicherem Händchen ein Stück auszuwählen, dass nicht nur perfekt auf die Darsteller-Riege passt, sondern auch die Zuschauer begeistert. Michael Engel, der sich mit „Glasbaustein“-Brille und lispelnd bei jeder Gelegenheit unter dem Lampenschirm verkroch, hatte wieder jede Menge Lacher auf seiner Seite. Genauso wie Albert Wender als ehemaliger Finanzbeamter mit Zwangsneurosen und exaktem Mittelscheidel. Jenny Lauer, die „Königin der Grimassen“ war die Rolle der naiv-liebenswerten Stalkerin förmlich auf den Leib geschrieben. Nicht nur das Stück und die hervorragende Spielweise, sondern auch die tollen Kostüme, die professionelle Maske und das Bühnenbild sind Garanten für den Erfolg der jährlichen Aufführungen. Hier unterstützt man sich gegenseitig. Auch Familienmitglieder und Freunde packen mit an, bauen das Bühnenbild, nähen Kostüme und besorgen Requisiten, von der Vase bis zum Sofa. Da stimmt einfach alles. (Sabine Schmitt)

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