Protest gegen den Arbeitsplatz-Abbau – Stahl ist Zukunft

Richtig rund ging es am frühen Montagmorgen in Dillingen. Bereits um 5.30 Uhr war Ministerpräsident Tobias Hans und etliche Landtagsabgeordnete an den Hüttentoren, verteilten Flugzettel und versicherten den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Dillinger Hütte „Wir stehen an eurer Seite! Wir kämpfen mit euch Um jeden Arbeitsplatz. Gegen 11 Uhr versammelte man sich am Tor 1, wo es zu einer ersten Kundgebung kam. Rund 2000 Menschen sollen es gewesen sein, ausgerüstet mit Trillerfpfeifen. Auch eine ganze Reihe von Landtagsmitgliedern darunter. Ein besonderes Zeichen der Solidarität wollte die Landtagsfraktion der CDU zeigen, indem sie Ihre Fraktionssitzung kurzerhand nach Dillingen verlegte, damit Fraktionsmitglieder an dem Protestzug, der vom Tor 1 der Dillinger Hütte zum Lokschuppen zog, wo um 12 Uhr eine Betriebsversammlung angesetzt war. Dort sollte der Belegschaft das mitgeteilt werden, was zumindest teilweise am Freitag bereits durchgesickert war.
Die Neuausrichtung der saarländischen Stahlindustrie möchte aus Klimaschutzgründen den Umbau zu einer CO2 freien Produktion. Diese Neuausrichtung ist kosteninteniv. Deshalb müssen 250 Millionen Euro eingespart werden. Das soll zu 60 % über Einsparungen im Material- und Fremdleistungsaufwand und zu 40 % im Personalaufwand erreicht werden. Damit sind ein Abbau von 1.500 Stellen sowie ein Outsourcing von 1.000 Stellen im Saarland verbunden. Diese Personalmaßnahmen sollen sozialverträglich in den nächsten drei Jahren umgesetzt werden. Das Unternehmen ist bereit bei einer einvernehmlichen Regelung auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Diese durchgesickerten Mitteilungen hatten für erhebliche Unruhe unter der Belegschaft geführt, die sich dem Protestzug ausdrückte

Tobias Hans: Wir werden um jeden Arbeitsplatz kämpfen
In den langen Zug reihte sich auch Ministerpräsident Hans ein. Er erklärte: „Stahl aus dem Saarland muss Zukunft haben! Stahl gehört zu unserer Identität. Stahl von der Saar genießt Weltruf und wird auch in Zukunft gefragt sein. Dafür werden wir alles tun! Alle Beteiligten aus Wirtschaft, Politik, Industrie, Gewerkschaften und gesellschaftlichen Gruppen sind jetzt aufgefordert, sich mit aller Entschlossenheit für die Industrie an der Saar einzusetzen. Und wir werden um jeden Arbeitsplatz kämpfen
Außerdem: Wenn die Jobs ins Ausland abwandern, wäre das ein Bärendienst für den Klimaschutz. Wir fordern von Berlin und Brüssel daher ein SOS-Paket für unseren saarländischen Hochleistungsstahl und ein Investitionsprogramm zur Umstellung auf CO2-neutrale Produktion.
Betriebsratsvorsitzender Michael Fischer sagte. Wir sehen ein, dass Einsparungen erforderlich sind. Aber wir sind nicht damit einverstanden, dass über Köpfe gesprochen wird, sondern wir sind bereit über sinnvolle Kosteneinsparungen zu verhandeln. Bei den Personaleinsparungen geht es um Menschen und deren Lebensplanung. Es geht auch um befristet beschäftigte Mitarbeiter, denen die unbefristete Übernahme versprochen worden sei. „Die Pläne der Unternehmensleitung erzeugen bei diesen Mitarbeitern Existenzangst. Der Betriebsrat fordert, dass die Verträge der befristet Beschäftigten zumindest verlängert werden“. Für andere Mitarbeiter, die evtl. in den vorzeitigen Ruhestand treten sollen, müsse ein gut ausgestatteter Sozialplan verhandelt werden

SOS Paket für den saarländischen Hochleistungsststahl
Der Dillinger Bürgermeister Franz-Josef Berg reagierte mit großer Betroffenheit und Besorgnis auf die Hiobsbotschaft der saarländischen Stahlindustrie, massiv Arbeitsplätze abzubauen. „Die Stahlindustrie ist für die Region und insbesondere für die Stadt Dillingen von herausragender Bedeutung. Es kann nicht sein, dass eine der modernsten und umweltfreundlichsten Stahlproduktionen der Welt Not leidet, während billiger und schmutziger Stahl den Markt überschwemmt“, erklärt Berg. Er fordert die Europäische Union und die Bundesregierung nachdrücklich auf, schnellstmöglich einen Rahmen für fairen Wettbewerb zu schaffen sowie Fördermittel für eine CO2-neutrale Stahlproduktion zur Verfügung zu stellen.
„Wir werden mit aller Entschlossenheit für die heimische Stahlindustrie, als wichtigster Arbeitgeber in unserer Region, kämpfen“, so Berg. Dumpingpreise von Anbietern aus Fernost, vor allem aus China sowie der wachsenden Protektionismus und die geplante Neuerung des CO2-Zertifikatesystems der Europäischen Union sorgen für einen unfairen Wettbewerb auf dem Weltmarkt. Berg unterstützt daher nachdrücklich auch die Forderung von Ministerpräsident Tobias Hans an Berlin und Brüssel, ein SOS-Paket für den saarländischen Hochleistungsstahl sowie ein massives Investitionsprogramm zur Umstellung auf eine CO2-neutrale Produktion aufzulegen.

Die Proteste erschöpfen sich allerdings nicht mit der Veranstaltung in Dillingen, sondern finden am 01.10.19 eine Fortsetzung in Völklingen, wo ab 10 Uhr ein Demonstrationzug vom Torhaus 2 aus mit einem Zwischenstopp am Rathausplatz zur Hermann Neuberger Halle geht. Am 02. Oktober hat die IG Metall zu einem Protest vor dem saarländischen Landtag in Saarbrücken aufgerufen. Diese Veranstaltung beginnt um 15 Uhr.

Weitere Veranstaltungen
Die Saarländische Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger forderte, das sowohl von Berlin als auch von Brüssel aus die Unterstützung der Industrie mit der gleichen Verve vorangetrieben wird wie der Klimaschutz. Dieser dürfe nicht um den Preis einer Deindustriealisierung betrieben werden. Wenn die Stahlindustrie in Deutschland nicht weiterproduzieren könne und alle Welt „dreckigen Stahl“ kaufen müsse, dann freue das nicht das Klima, sondern China. In der Vergangenheit sei die Industriepolitik auch in Deutschland zu „schläfrig“ an in Brüssel gegangen worden, sie hoffe, dass die schlimmen Nachrichten von der Saar Berlin wachrütteln werde. „Es wird notwendig sein“, so fuhr die Ministerin fort, „ein Milliardenprogramm für die deutsche Stahlindustrie aufzulegen, auch um die Dekarbonisierung zu bewerkstelligen. Sie erwarte, dass die Bundesregierung in Brüssel deutlich Position bezieht zum Schutz der deutschen Industrie.

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