Politischer Aschermittwoch, das ist der Tag an dem die Fetzen fliegen, der Tag nach den tollen Tagen, an dem sich die Politiker jeder Couleur Schmeicheleinheiten an den Kopf werfen, die ansonsten höflich verschwiegen werden. Es ist der Tag, an dem es „Saures“ gibt mal mehr, mal weniger.
Die saarländische CDU trifft sich dann regelmäßig im Gemeindesaalbau in Schwalbach und das schon seit vielen Jahren. Als erster Redner meldete sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier mit einer temperamentvollen Rede zu Wort. Mit scharfen Worten wies er die Kritik von Oskar Lafontaine zurück, der ihm vorgeworfen hatte, er setze sich zu wenig für das Saarland ein. Er forderte im Bezug auf die im Stahlbereich verschärften Umweltschutzbestimmungen der EU auch an den Schutz der Arbeitsplätze in Europa zu denken. Es nutze überhaupt nichts, wenn die Arbeitsplätze in Europa und in Deutschland in der Stahlindustrie verlorengingen und statt dessen in China, Bangladesh, Indien oder anderswo Stahl zu weitaus schlechteren Umweltschutzbedingungen produziert werden könne, als dies heute bereits hierzulande geschehe.
Ministerpräsident Tobias Hans ging in seiner ersten Rede als saarländischer CDU Parteichef auf die in diesem Jahr anstehenden Ober- und Bürgermeisterwahlen, die Kommunalwahlen und die Europawahlen ein. Sein herausragendes Ziel dabei ist die Eroberung der Rathäuser in Saarbrücken und in Neunkirchen. Nach seinen Vorstellungen soll die CDU als stärkste Partei aus diesen Wahlen hervorgehen. Auch bei den Europawahlen gelte es ein positives Ergebnis zu erhalten.
In Siersburg war der Ton etwas rauer. Auch hier ein neues Gesicht an der Spitze der Landes SPD, Anke Rehlinger. Sie setzte sich vehement für die Rentenideen von Arbeitsminister Heil ein und sagte „Wer 35 Jahre seines Lebens hart gearbeitet hat, muss mehr erhalten als die Grundsicherung und zwar ohne Bedürftigkeitsprüfung. Dies sei kein Almosen, sondern der Respekt vor seiner Leistung Gebiete das. Der Klimaschutz sei ein wichtiges Anliegen, dem jedoch keine saarländischen Arbeitsplätze zum Opfer fallen dürften. Von Ford forderte sie ein klares Bekenntnis zum Standort Saarlouis. Im Zusammenhang mit der Strukturförderung, die die neuen Bundesländer wegen der Beendigung des Braunkohlebergbaus erhalten werden, sagte sie , das Saarland habe bei der Schließung der Steinkohlegruben 100 Millionen als Strukturförderung erhalten, der Osten erhalte jetzt 40 Milliarden €uro. Es gehe nicht an, dass man in Sonntagsreden sage, Strukturförderung dürfe nicht nur in eine Richtung fließen und Montags dann entscheidet, dass alle Fördermittel in den Osten der Republik gehen.
Bundesaußenminister Heiko Maas legte den Schwerpunkt seiner Ausführungen auf die Europawahl. Er erklärte, Frankreichs Präsident Emanuel Macron habe mit seiner Rede, in der er einen Neuanfang für Europa gefordert habe, wertvolle Impulse geliefert. Sicher seien nicht alle Gedanken des französischen Präsidenten 1:1 umsetzbar, manches müsse sicher kontrovers diskutiert werden. Entscheidend sei aber, dass man die Debatte nicht denen überlasse, die die EU zerstören wollen, sondern darüber zu reden, wie die EU gestärkt aus ihrer gegenwärtigen Krise hervorkomme. Neben dem Brexit seien die nationalistischen Populisten wie Viktor Orbán eine Gefahr für Europa. Diesen Kräften, die mit rassistischen, nationalistischen und teilweise auch wieder mit antisemitischen Äußerungen sowie mit der Forderung nach Abschottung die europäische Union zerstören wollten, sollte man das positive Europabild entgegenstellen, das Deutschland bisher ausgezeichnet habe.
Heringsessen auch bei anderen Gruppierungen
Die FDP, die im Dillinger Lokschuppen zum Heringsessen geladen hatte, hat die große Koalition als Angriffsziel ausgemacht. Landeschef Oliver Luksic erklärte „Die grüne Energiepolitik der schwarz-roten Koalition führt zu einer schleichenden Deindustrialisierung des Saarlandes und wird damit zum Jobkiller“. Als Beispiel nannte er den Ausstieg aus der Kohleverstromung ohne ausreichende Mittel für den Strukturwandel eingefordert zu haben. Die Bahnpolitik brauche neue Impulse, die Niedtalbahn müsse erhalten werden. Die saarländische Polizei müsse wieder auf 3000 Polizisten aufgestockt werden, lautete eine weitere Forderung.
Die Linke muss wieder eine Protestpartei werden
Nach der krankheitsbedingten Absage des für diesen Abend vorgesehenen Hauptredners Gregor Gysi übernahm der Bundestagsabgeordnete Thomas Lutze diese Aufgabe. Er rief seine Partei dazu auf, mehr inhaltliche Debatten zu führen. Seine Partei solle nach seiner Auffassung stärker das Auge auf die Entwicklung werfen und überlegen, was sie anders und besser machen könne. Vor allem müsse das Miteinander gestärkt werden. Lutze befürchtet enorme Einbrüche in der Autoindustrie. Und das bedeute enorme Arbeitsplatzverluste. Daher benötige man Alternativen. Darüber müsse man diskutieren und Lösungsansätze suchen statt darauf zu hoffen, dass sich dieses Thema irgendwie von selbst löst.
Das Land der unerfüllten Lieferung
Grünen Chef Markus Tressel bezeichnete die große Koalition als „Blender erster Güte“. Sei es das weiter ausstehende Bäderkonzept, die Polizei-Personalisierung, die Radstrategie, die Kohlekommission oder der ÖPNV das Saarland sei und bleibe das Land der großen Versprechungen und der unerfüllten Lieferung. Es sei nicht machbar, dass man einerseits Schülern, die für mehr Klimaschutz demonstrieren, applaudiert und andererseits gleichzeitig eine Politik macht, die die Klimakrise weiter anheizt.