Esther Bejarano ist neue Ehrenbürgerin der Stadt Saarlouis

Saarlouis. Im Rahmen einer Feierstunde verlieh die Stadt Saarlouis die Ehrenbürgerechte an Frau Esther Bejarano. Die Entscheidung darüber hatte der Saarlouiser Stadtrat bereits im April des Jahres getroffen. Überreicht wurde die Urkunde durch Oberbürgermeister Roland Henz und durch Bürgermeisterin Marion Jost. An der Verleihung nahmen zahlreiche Repräsentanten des öffentlichen Lebens teil, unter ihnen die Vorsitzende der Synagogengemeinde Saar, Erika Hügel und Ehrenbürger Erich Pohl. Esther Bejarano 7502
Oberbürgermeister Roland Henz, der die neue Ehrenbürgerin der Stadt schon seit Jahren persönlich kennt, hielt die Laudatio, mit der die Verleihung der Ehrenbürgerwürde begründet wurde.
Esther Bejarano, geb. Loewy ist am 14. Dezember 1924 in Saarlouis geboren. Bereits in früher Kindheit übersiedelten ihre Eltern nach Saarbrücken, wo ihr Vater Rudolf Loewy Oberkantor für mehrere jüdische Gemeinden war.1936 zog die Familie nach Fulda um, drei Jahre später, 1939, trennte Esther sich von ihrer Familie, um sich in der Nähe von Berlin auf die Alija nach Palästina vorzubereiten.
Ihr Vater, der im ersten Weltkrieg als deutscher Soldat im Einsatz war und das Eiserne Kreuz erhalten hatte, glaubte lange Zeit nicht an die Gefahr die Hitlerdeutschland für seine Familie und ihn bedeutete. Als er sie schließlich erkannte, war es zu spät. Er und seine Familie kamen in Konzentrationslager, wo sie ihr Leben verloren. Esther kam zunächst in ein Arbeitslager, später in das Konzentrationslager Auschwitz. Dort wurde sie einem Mädchenorchester zugeteilt. Sie hatte in ihrer Kindheit bei ihrem Vater Klavier spielen gelernt, das kam ihr jetzt zu Gute, sie wurde als Akkordeonspielerin eingesetzt. Das trug zu ihrem Überleben bei. Als gegen Kriegsende die Gefangenen Esther Bejarano 7511des Konzentrationslagers auf sogenannte Todesmärsche geschickt wurden, gelang ihr die Flucht. Sie entschied sich nach Israel zu übersiedeln, in Deutschland wollte sie nicht mehr leben. In Israel lernte sie ihren späteren Ehemann kennen, wurde dort Soldatin , ebenso wie ihr Ehemann. Doch auch die Kriege, die dort geführt wurden, fanden bald nicht mehr ihre Zustimmung, Kriegsdienstverweigerung war jedoch in Israel nicht möglich. Hinzu kam, dass sie das heiße Klima nicht vertrug, so fiel gegen 1960 die Entscheidung Israel wieder zu verlassen. Doch wohin? Deutsch war die Sprache, die sie als Kind gelernt hatte, Deutsch war auch die Sprache, in der sie dachte. So traf sie denn nach schwerem Ringen die Entscheidung nach Deutschland zurückzukehren. In die Regionen, in denen ihre Familie schweres Leid erlitten hatte, wollte sie jedoch nicht zurückkehren.

Rückkehr nach Deutschland
So fiel die Wahl auf Hamburg, auch weil man ihr versichert hatte, dass sie dort nicht mehr auf Nazis treffen würde.Doch nach kurzer Zeit begannen NPDler auch dort ihre Aktivitäten. Altbekannte Parolen erzeugten Schrecken.
Esther Bejarano hatte jedoch Zivilcourage, sie entschied sich „Flagge zu zeigen“ und gründete zusammen mit ihrer Tochter Edna und Sohn Joram Anfang der 1980er Jahre die Gruppe Coincidence, die mit Liedern aus dem Ghetto und jüdischen sowie antifaschistischen Liedern auftrat. Später trat sie auch mit ihren Kindern gemeinsam mit der multireligiösen Gruppe Microphone Mafia auf, mit der sie 2009 das Album Per La Vita (Für das Leben) veröffentlichte. 7529

Esther Bejarano ist aber nicht nur musikalisch in Erscheinung getreten, sie ist oft auch bei Schulen zu Gast und hält dort Vorträge gegen das Vergessen. Sie sagt den Schülern dann „Eure Generation trägt keine Schuld an den Vorkommnissen jener Zeit. Aber auch die vierte Generation nach Kriegsende muss an die schrecklichen Vorkommnisse jener Zeit erinnert werden, damit sich diese nie mehr wiederholen“.
Aber sie erinnert nicht nur an die braune Vergangenheit, sie tritt bei vielen Veranstaltungen immer wieder gegen Rassismus und für Toleranz ein. Auch mit fast 90 Jahren wird sie nicht müde, sich dafür einzusetzen. Auch in Saarlouis war sie und ist sie immer wieder zu Gast, gern gesehener Gast wie Roland Henz betonte. Gerade ihr unermüdlicher Einsatz war es, der dazu beitrug, dass die Europastadt Saarlouis ihre Leistungen besonders würdigte und ihr die Ehrenbürgerwürde verlieh.
Esther Bejarano 7522bedankte sich für die Auszeichnung und erklärte sie sei überglücklich darüber. Nach der Überreichung der Ehrenurkunde trug sie sich in das Goldene Buch der Stadt ein und schrieb dort „Meine lieben Saarlouiser, ich bin so glücklich bei euch zu sein“.
Musikalisch umrahmt wurde die Feierstunde durch den Tenor Martin Herrmann und den Pianisten Sebastian Wust, die Lieder aus den 20er und 30er Jahren vortrugen.

 

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