Die Schwerpunkte eines Pressegesprächs mit Dr. Karl Ulrich Köhler, dem neuen Vorstandsvorsitzenden von Dillinger Hütte und Saarstahl waren der Wunsch nach der Wiederherstellung eines Vertrauensverhältnisses zwischen Belegschaft und Geschäftsleitung sowie der Wunsch nach Verlässlichkeit durch die Politik. Gleichzeitig warnte er vor übertriebenem Klimaaktivismus.
Zu Beginn seiner Ausführungen wies er darauf hin, dass sich die wirtschaftliche Lage für beide Unternehmen in diesem Jahr spürbar bessere. Dillinger und Saarstahl verzeichnen dieses Jahr eine deutliche stärkere Nachfrage nach ihren Produkten und eine gute bis sehr gute Auslastung ihrer Anlagen. Insgesamt gehe man von deutlich besseren Umsatz- und Ergebniszahlen aus.
Dr. Köhler betonte allerdings „Dies ist auch notwendig, damit wir wie geplant, den Turnaround schnell und nachhaltig schaffen. Um dieses Ziel zu erreichen, sind wir dabei, noch vorhandene Lücken in der Umsetzung des Kostensenkungsprogramms schnell zu schließen und den angekündigten Transformationsprozess auszurollen, damit wir unsere Leistungsfähigkeit in allen Bereichen erfolgreich verbessern. Die Maßgabe für unsere Aufträge ist dabei – auch angesichts der anhaltenden hohen Kostensituation -: Preis vor Menge! Das verlangt natürlich auch ein hohes Maß an Flexibilität. Das Thema Flexibilität wie auch die noch offenen Projekte aus dem Kostensenkungsprogramm treiben wir verstärkt voran und stehen in einem engen und sehr konstruktiven Dialog mit den Arbeitnehmervertretern“.
In diesem Zusammenhang stand auch die Darstellung des Verhältnisses zu den Mitarbeitern. Der neue Chef des Stahlunternehmens betonte, er habe für alle Mitarbeiter stets ein offenes Ohr. Jeder Mitarbeiter habe seine eMail Adresse erhalten über die er mit ihm Kontakt aufnehmen könne. Auch für ein persönliches Gespräch stehe er im Bedarfsfall zur Verfügung. Ansprüche hat er auch an seine Führungskräfte, von denen er ehrliche Führungsarbeit erwarte und ein vertrauensvolles Verhältnis auch zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Köhler betonte, dass er über sein ganzes Leben in der Stahlbranche tätig gewesen sei und dass Stahlarbeiter eine besondere Spezie Mensch sei.
Ein weiterer Schwerpunkt sei die noch die von seinem Vorgänger geplante Auslagerung von Arbeitsplätzen (Outsourcing). Diese Entscheidung möchte Karl Ulrich Köhler zurücknehmen, wenn sich bessere interne Regelungen finden lassen. Zu diesem Themenkomplex gibt es weitreichende Vorschläge der Betriebsräte. Auch hier seien in der Vergangenheit Fehler gemacht worden und man habe da auch das Betriebsverfassungsgesetz nicht ausreichend berücksichtigt. Allerdings erwarte er auch von den Mitarbeitern eine entsprechende Flexibilität.
Ein weiterer Themenkomplex stellte die Produktion von CO2 freiem Stahl dar. Hier fehlen nach seiner Auffassung noch viele Voraussetzungen vor allem fehlen die riesigen Mengen an Strom, die noch durch die von der Politik geforderte E Mobilität verstärkt wird. Der besonders jetzt in Wahlzeiten zu beobachtende Überbietungswettbewerb der Politik bei Klima- und Umweltzielen, die ständige Nachschärfung und die zeitliche Vorverlegung von Zeitplänen sei „Gift für die Industrie. Wir brauchen planbare Zeitläufe und zuverlässige realistische Rahmenbedingungen, die eingehalten werden können“, sagte er und fügte hinzu „ Wir haben mit der Vielzahl bereits angestoßener Projekte zur Umsetzung und Erzielung der Dekarbornisierung gezeigt, dass wir technologisch in der Lage sind, eine CO2-neutrale Produktion zu erreichen. Aber essentielle Fragen, die im Kern mit der wirtschaftlichen Machbarkeit für die Produktion von grünem Stahl und mit den Voraussetzungen für die Infrastruktur zu tun haben – z. B. bezüglich der Versorgung mit Wasserstoff oder mit grünen Strom – diese Fragen sind nicht ansatzweise von der Politik gelöst. Durch unsere Minderungsstrategie optimieren wir die Hochofenroute und bereiten sie auf den Einsatz von Wasserstoff vor. Aufgrund der Vorgaben wird zu einer Umstrukturierung der Stahlindustrie kommen.
Karl Ulrich Köhler ist von einem langfristigen Bestand der saarländischen Stahlindustrie überzeugt. Das lässt sich auch daran ablesen, dass man der Liberty Steel Gruppe in Frankreich ein Übernahmeangebot gemacht hat. Dabei geht es um die Standorte Liberty Ascoval inSaint-Saulve im französischen Departement Nord und Liberty Rail Hayange im französischen Departement Moselle. Dr. Köhler erklärt dazu: „Unser Vorhaben zielt darauf ab, das Schienengeschäft neu in die Unternehmens-und Industriestrategie von Saarstahl aufzunehmen, unser Produktportfolio (Lichtbogenofen-Blöcke und -Schienen) zu erweitern und Zugang zu einer neuen Produktionstechnik (Elektro-Lichtbogenofen)zu erhalten.
Saarstahl will dort qualitativ hochwertige Infrastrukturprodukte herstellen, wie sie für die Entwicklung nachhaltiger Mobilitätslösungen unerlässlich sind. Ascoval soll bei Saarstahl Dreh-und Angelpunkt für grünen Stahl werden