Es sind bereits einige Tage vergangen seit Mitarbeiter der Dillinger Hütte und von SHS Saarstahl einen „Trauerzug“ durch die Dillinger Innenstadt gestalteten, der zugleich ein Protestzug war.
An der Spitze des Zuges war ein Sarg getragen worden, der symbolisch das drohende Ende der Stahlindustrie an der Saar andeuten sollte. Der Zug erfolgte schweigend, ohne die bei Protestzügen üblichen lautstarken Instrumente – auch das hatte Symbolcharakter, denn ein Trauerzug erfolgt ja bekanntlich in aller Stille. Er führte zum Dillinger Lokschuppen. Dort fand eine Betriebsversammlung statt, bei dem die Belegschaft weitere Einzelheiten über den drohenden Personalabbau erfahren sollte. Die Presse war zu dieser Betriebsversammlung nicht zugelassen, deshalb sind wir auf die Mitteilungen angewiesen, die wir durch Teilnehmer erfahren haben. Diese Mitteilungen sagten aus, dass es wirkliche Neuigkeiten nicht gegeben habe. Dass man sich von 1500 Mitarbeitern trennen wolle und dass für rund 1000 Mitarbeiter ein „outsourcing“ – eine Verlegung der Arbeitsplätze an externe Unternehmen – anstehe, war ja schon seit September bekannt. Mit diesem Outsourcing werde auch ein Lohnabbau einhergehen, befürchten viele Mitarbeiter, denn ein kleineres Unternehmen sei nicht in der Lage, die gleichen Löhne zu zahlen wie die Hütte. Betriebsbedingte Kündigungen soll es auch weiterhin nicht geben. Der Personalabbau soll über Altersteilzeit, Freiwilligenprogramme und Transfergesellschaften bewerkstelligt werden. An der Altersteilzeit haben bereits viele Mitarbeiter Interesse bekundet, so war zu hören.
Über das Vorgehen der Konzernleitung beklagte sich Betriebsratsvorsitzender Michael Fischer. Konkrete Zielvorgaben seien erneut nicht genannt worden. Es sei zwar bekannt, dass insgesamt 250 Millionen, davon 100 Millionen an Personalkosten wegen der desolaten Finanzsituation eingespart werden sollen, aber der Weg dorthin sei bisher nicht konkret aufgezeigt worden. Der Betriebsratsvorsitzende befürchtet, dass der Personalabbau dazu führt, dass eventuell eingehende Aufträge nicht realisiert werden können, weil dann die Personaldecke zu dünn ist. Konkrete Kennzahlen zum Personalabbau, insbesondere zu den Bereichen, in denen Personal eingespart werden soll, seien nicht vorgetragen worden, so dass der Betriebsrat den Erfolg der geplanten Maßnahmen nicht abschätzen könne.
Die Belegschaft sei verunsichert, bei vielen gehe Angst um den Arbeitsplatz um. Auch die Sorge um die nähere Heimat, um den Erhalt der Stadt beschäftigt die Menschen. Das habe ein Mitarbeiter mit dem markanten Satz „Stirbt der Stahl, stirbt die Stadt“ deutlich gemacht. In der Tat ist es so, dass der städtische Haushalt zu einem guten Teil durch die Steuereinnahmen aus der Hütte gespeist wird. Von Seiten der Unternehmensleitung sei zu hören gewesen, dass man mit dem Betriebsrat ein Gespräch suchen wolle und aufgrund der bestehenden Vereinbarungen auch suchen müsse, bei dem konkrete Vereinbarungen getroffen werden sollen. Details dazu sollen im März auf den Tisch gelegt werden. Wichtig seien aber auch Maßnahmen, die durch die Politik getroffen werden müssten.
Hintergrundinfo:. Bekanntlich herrscht eine weltweite Überkapazität an Stahl. In verschiedenen Ländern wie China und Russland herrschen nicht annähernd so strenge Umweltauflagen wie in Europa. Hinzu kommen wesentlich geringere Löhne. Und schließlich wird die Produktion in diesen Ländern durch staatliche Fördermaßnahmen unterstützt. Diese Maßnahmen zusammen mit den stetig steigendenden Forderungen der Umweltaktivisten führen dazu, dass europäische Stahlprodukte weltweit kaum noch konkurrenzfähig sind und somit der Absatz stagniert oder sogar rückläufig ist. Hier sei die deutsche aber auch die europäische Politik gefordert entsprechende Maßnahmen zum Schutz der heimischen Industrie in die Wege zu leiten.