Professor Robert Leonardy konzertierte an ungewöhnlichem Ort

Ein Lokschuppen ist eigentlich ein ungewöhnlicher Ort für ein klassisches Konzert, auch wenn er zu einer modernen Eventhalle umgebaut ist. Ein Experiment also, dort ein Konzert zu spielen mit einem außergewöhnlichen Pianisten. In Dillingen ging man dieses Experiment ein und bespielte die Halle mit einem so renommierten Pianisten wie es Professor Robert Leonardy ist. Vielleicht musste es ein Ausnahmepianist sein wie  Robert Leonardy, um  einem Konzert in dieser Umgebung zum Erfolg zu verhelfen.
Es begann bereits mit der Form. Der Konzertflügel stand in der Mitte der Halle. Auf gleicher Höhe, auf drei Seiten war bestuhlt, auf Augenhöhe gewissermaßen, die ersten Reihen nur wenige Meter vom Konzertflügel entfernt, eben auf Augenhöhe. Dadurch entstand trotz der großen Halle ein intimer Charakter.
Der Professor, natürlich in Dillingen gut bekannt, durchquerte die Halle flotten Schrittes, begrüßte die Besucher – auf einen Moderator, einen Ansager hatte man verzichtet, bewusst wohl. Er kündigte selbst an, was er spielen wollte und gab dazu einige einführende Erläuterungen.

Im ersten Teil seines Konzertes stand Ludwig van Beethovens Sonate op. 27 Nr. 2, bekannt unter dem Namen Mondscheinsonate. Das Werk besitzt keinen ersten (schnellen) Satz in Sonatenhauptsatzform, den Sonaten dieser Entstehungszeit üblicherweise enthalten. Es beginnt vielmehr mit einem Adagio, dem ein lebhafteres Allegretto folgt, worauf sich ein schnelles, hochdramatisches Finale anschließt, das die Struktur eines Sonatenhauptsatzes aufweist. Auffällig ist hierbei, dass sich das Tempo von Satz zu Satz steigert. Mit diesem Spielte sich Professor Leonardy sehr schnell in die Herzen seiner vorwiegend fachkundigen Besucher.
Es folgte „Le Rossignol“ (Die Nachtigall) Fantasie über ein russisches Volkslied von Franz Liszt. Den ersten Teil des Konzertes rundete ein eher selten gespieltes Stück ab, „Islamej“ eine Orientalische Fantasie von Mily Balakirew. Diese Klavierfantasie Islamej, verlangt dem Konzertpianisten überaus virtuose Geschicklichkeit ab und gilt als eines der technisch anspruchsvollsten Klavierstücke überhaupt.
Es gibt kaum ein Konzert von Robert Leonardy ohne ein Stück von Frédéric Chopin, sagt man. Das galt auch für das Konzert im Dillinger Lokschuppen. Chopin hat nur drei Sonaten geschrieben. Aber diese drei haben es in sich. In Lokschuppen spielte er die Sonate h-Moll op 58. Sie ist 1844, fünf Jahre vor Chopins frühem Tod entstanden und ist ein Werk, das so farbenreich und so monumental ist wie kaum eine andere Komposition des Polen. Chopin gab ihr vielleicht deshalb den Beinamen „Konzert ohne Orchester“. Diese Sonate füllte den zweiten Teil des Konzertes und legte einmal mehr Zeugnis ab vom außergewöhnlichen Können von Professor Leonardy. Langanhaltender Beifall war eine verdiente Anerkennung für einen Pianisten, den man immer wieder hören möchte.

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