Turbulenter Wirrwarr mit permanentem Angriff auf die Lachmuskeln, gepaart mit leichten Angriffen auf bürgerliche Doppelmoral. So könnte man die Vorstellung „Floh im Ohr“ überschreiben und hätte dann doch nicht den turbulenten Szenenwechsel auch nur annähernd beschrieben. In Georges Feydeaus Komödie, die 1907 Premiere hatte, findet man in der leicht modernisierten Fassung so viele Gags, dass man kaum Zeit hat, darüber nachzudenken und das Ganze kritisch zu betrachten. Aber wer eine Komödie besucht, sollte vielleicht auch nicht die Geschehnisse mit kritischer Distanz betrachten, sondern sich einfach nur amüsieren- Gelegenheit dafür bot das Stück reichlich. Eine vollständige Inhaltsangabe hier zu geben, ist fast unmöglich. Deshalb nur einige Highlights – Victor Chandebise ist ein solider treuer Ehemann, bei dem das Eheleben eingeschlafen ist. Dennoch wird gerade bei ihm die Ehefrau Colette (Petra Kalkuschke) eifersüchtig, als seine Hosenträger von einem zwielichtigen Stundenhotel per Post nach Hause geschickt werden. Colette verdächtigt ihn sofort der Untreue und will ihm eine Falle stellen. Sie diktiert ihrer Freundin Lucienne de Histangua einen Brief, mit dem sie als eine Verehrerin Victor in das besagte Hotel zum Rendezvous einlädt. Um dem ganzen noch eine verführerische Note zu geben, träufelt Lucienne einige Tropfen ihres Parfums auf den Brief. „Zufällig“ findet Ehefrau Colette den Brief vor der Haustür und gibt ihn ihrem Ehemann, den sie bei der Lektüre genau beobachtet. Dem verschlägt es zunächst die Sprache, und er lässt den Brief verschwinden – gerade hatte ihm sein Freund ihm empfohlen, einen Seitensprung zu wagen. Ehefrau und Freundin bereiten sich heimlich darauf vor ihm zu folgen, wenn er das Haus verlässt.
Doch Gatte Victor ist tatsächlich der treue Ehemann und glaubt an eine Verwechslung. Er gibt die Einladung an einen Freund weiter. Dieser ist kein Kostverächter, er hat auch ein Auge auf Ehefrau Colette geworfen, die nicht ganz abgeneigt erscheint. Er begibt sich in das Hotel.
Und damit ist man im zweiten Akt des Stücks. Dort wird man im Hotel vom Hotelportier Poche empfangen, der gerne mal einen Schluck trinkt oder auch mehr als einen Schluck. Poche ähnelt Victor wie aus dem Gesicht geschnitten. Dargestellt werden beide von Kalle Pohl (7 Tage, 7 Köpfe), eine Paraderolle. Beeindruckend wie schnell er seine Kostüme wechselt, die Bühne auf der einen Seite verlässt und dann schon wieder auf der anderen Seite betritt, als der jeweils andere. Nun das Hotel füllt sich so langsam. Der Freund, dem Victor die Einladung weitergegeben hat, die Ehefrau Colette und Freundin Lucienne treffen ein. Mittlerweile ist Carlos Homenidés de Histangua, der Ehemann von Lucienne ein ebenso heißblütiger wie eifersüchtiger Spanier, Geschäftspartner von Victor bei diesem eingetroffen und sieht den Brief, den seine Frau geschrieben hatte. Natürlich erkennt er ihre Schrift und auch den Duft des Parfums, Eifersucht lodert auf und er droht alle und jeden zu erschießen. Camille Chandebise (Sören Ergang), der Neffe von Victor, betritt die Szene wird ebenfalls bedroht und beide werden gefesselt. Der Spanier hatte in dem Brief den Namen des Hotels gelesen und macht sich auf den Weg dorthin. Victor gelingt es sich zu befreien und er folgt ihm. Neffe Camille wird von Hausmädchen Antoinette (Eva Mia Geese) , auf die er ohnehin ein Auge geworfen hat, befreit. Auch Antoinette ist nicht uninteressiert. Beide haben, wie der Zufall so spielt, ein Rendezvous in dem Hotel. Sex gehört natürlich auch in eine Komödie und die beiden haben dort maskiert ihr Spielchen: er klettert auf allen Vieren und sie treibt ihn mit ihrer Peitsche, natürlich persiflierend, vor sich her. Mittlerweile ist der gesamte Hausstand samt Freunden im Hotel angekommen. Da man so schnell die einzelnen Zimmer gar nicht wechseln kann, hat sich die Regie (Jan Bodinus) in der Mitte des Raumes ein drehbares Bett ausgedacht, das sich um 180 Grad drehen konnte – und schon war man in einem anderem Raum. Jetzt begannen die Verwechselspiele erst richtig, Hotelportier Poche und Direktor Victor werden permanent verwechselt, Victor gerät mit Antoinette in ein Zimmer und dort wird seine eingeschlafene Männlichkeit geweckt. Und der Spanier möchte immer noch die Verführer seiner Frau erschießen und nun ja, es gibt da noch einiges Ereignissen, aber alles kann und will man ja nicht erzählen. Die simple Erklärung, die am Ende alles auflöst war ganz einfach: Victor Chandbise , braver und treuer Ehemann bis (fast oder auch nur vielleicht) zuletzt hatte seinem Neffen seine abgelegten Hosenträger geschenkt und dieser hatte sie bei einem amourösen Abenteuer im Hotel vergessen…… Bleibt noch die Schlussbemerkung: Glänzend gespielt und „Floh im Ohr“ wird nicht umsonst ein turbulentes Meisterwerk der Boulevard-Komödie aus der Zeit der Belle Époque genannt.