Carmen – zeitgemäß realisiert

Am Ende gab es Ovationen

Merzig (aram). Georges Bizets „Carmen“ gehört ohne Zweifel zu den meist gespielten Werken ihres Genres. Wer allerdings in der diesjährigen Suite im Merziger Zeltpalast eine Art Edelschnulze erwartet hatte, sCarmen umgarnt don Jose 5667b ah sich getäuscht. Die Aufführung im Zeltpalast zeigt keine romantische Zigeuneridylle, sie ist vielmehr in der großstädtischen Vorstadt angesiedelt. Aktuelle soziale Themen werden verarbeitet, der „Penner“ schläft auf der Parkbank, unbeaufsichtigte Jugendliche provozieren, die Straßen sind vermüllt – Gegenwartsidylle.
In dieses Umfeld lebt die Fabrikarbeiterin Carmen, eine Zigeunerin, freiheitsliebend und doch in die Spielregeln ihrer Sippe eingebunden. Don José kommt aus einer eher kleinbürgerlichen, dörflichen Idylle. Er ist Soldat, und ist dies voller Überzeugung bis er Carmen begegnet. Diese ist ihm zunächst gleichgültig. Gerade diese Gleichgültigkeit5682b reizt Carmen, sie will ihn gefügig machen. Es gelingt ihr, seine Liebe zu entfachen, Don José verlässt seine kleinbürgerliche Idylle, verschmäht die Liebe Micaëlas, die aus dem heimatlichen Dorf aufbricht, um ihn für sich zu entflammen. Die Liebe zu Carmen führt dazu, dass er seinen Offizier ermordet, er muss fliehen und schließt sich einer Schmugglerbande an.
Zunächst ist Carmen ihm zugetan, doch schon bald wird sie seiner überdrüssig: mit dem Stierkämpfer Escamillo hat sie ein neues Opfer. Sie verlässt Don José. Dieser ist rasend vor Eifersucht, versucht Escamillo zu töten, woran Frasquita und Mercedes befragen die Karten 5701b er jedoch gehindert wird.
Carmen und ihre Freundinnen Frasquita und Mercédès legen sich die Karten, Carmens Karten verkünden ihren Tod.
Der Stierkämpfer feiert Erfolge in der Arena, die Gesellschaft verfolgt den erfolgreichen Stierkampf. Carmen ist der Einladung zum Stierkampf nicht gefolgt, sondern stellt sich einem letzten Gespräch mit Don José, dem sie endgültig klar machen will, dass es aus ist. Alle Versuche Josés, sie zurück zu gewinnen, scheitern, sie wirft ihm seinen Ring vor die Füße. Außer sich vor Wut und Enttäuschung sticht er sie nieder. Am Ende haben alle verloren, Carmen ihr Leben, Don José seine Liebe, seine Freiheit und wahrscheinlich selbst sein Leben, denn er ruft die Polizei nach seiner Tat Don Jose beschwört Carmen, zu ihm zurück zu kehren5707b selbst herbei.
Rollen, die für die Hauptdarsteller zu Paraderollen werden und schon zahlreiche sehr unterschiedliche Darstellungen auf der Bühne, im Film, selbst auf dem Eis – unvergesslich Katharina Witts Interpretation – ermöglicht haben. Glänzend besetzt war die Rolle der Carmen mit Ann Kathrin Naidu, die ihre Bühnenkarriere in Saarbrücken begonnen hatte. Die Mezzosopranistin überzeugte sowohl schauspielerisch wie auch musikalisch, wobei sie ihre stimmlischen Möglichkeiten nur andeuten konnte. Auch die Zweitbesetzung Maria Rebekka Stöhr konnte punkten. Auch die männliche Hauptrolle hatte zwei Besetzungen: der in Merzig bereits in den beiden Vorjahren Carmen ist tot 5711b erfolgreiche Timothy Richards wie auch der junge Spanier Eduardo Aladrén, der manchen in der Rolle des Don José noch stärker überzeugte.
Sich in die Herzen der Zuschauer spielen konnte auch die Vanesssa Calcagno in der Rolle der Frasquita. Die 24jährige Architekturstudentin, die bei der RTL Show „Supertalent“als beste Sängerin im Gesamtergebnis nur knapp geschlagen den zweiten Platz belegt hatte, möchte in jedem Fall ihr Studium abschließen. „Danach ist alles möglich“, sagt sie, „auch eine musikalische Karriere“. Akzente setzte auch eine weitere Saarländerin: Daniela Lodani, die für die Choreografie zuständig war.
Mit dem 1994 in Minsk gegründeten „Minsk Orchestra“, das bereits zahlreiche Zeugnisse seines exzellenten Könnens abgelegt hatte, stand ein hervorragender Klangkörper zur Verfügung.
Lang anhaltender Applaus betätigte es: diese Carmen kam an.

Print Friendly, PDF & Email